Nicht ich, sondern mein Publikum entscheidet darüber, ob ich ein „Künstler“ bin.

Ein oft wiederkehrendes kleines Drama künstlerischer Praxis besteht in einem tief verwurzelten Selbstzweifel, dessen tieferer Grund das Erahnen um die Unmöglichkeit eigener Ansprüche ist. Man kann dies sehr wörtlich nehmen, denn was hier im Innersten der Künstlerseele eine An-Sprache erhält, initiiert etwas, das oft derart unausmessbar und zugleich folgenreich erscheint (die Suche nach der „Wahrheit“, dem „Wesen“ allen Seins etc.), dass sich das eigene Tun früher oder später als vollkommen absurd aufdrängt.

Dieser demotivierenden Falle kann man nur entkommen, indem man die eigene Künstlerrolle im Sinne eines ganze Welten erschaffender Demiurgen radikal zur Disposition stellt. Erst wenn die Erkenntnis gereift ist, dass es eben gerade NICHT möglich ist, ein Bild zu entwerfen, das alle Antworten auf alle Fragen liefert, können VIELLEICHT neue Perspektiven erarbeitet werden: Was kann ein Bild grundsätzlich leisten? Auf welche Weise wirken Bilder? Enthalten Bilder Risiken, die es zu beachten gilt? Ist ein Bild neu oder gab es hierfür Vor-Bilder? Was rechtfertigt es, der Welt mit einem Schein zu begegnen? Es gibt viele weitere Fragen mehr.

Nach diesem das “Selbst” beschneidendem Schritt ist der Künstler nicht länger ein verkanntes “Genie” oder ein nur auf sich selbst bezogener Elfenbeinturmbewohner (wie oft vermutet), sondern wird jetzt VIELLEICHT zu einem manche Seelen entzündenden Initiatoren, der sich die Frage nach der eigenen Relevanz ausschließlich im (permanent selbstrechtfertigenden) DIALOG MIT SEINEM PUBLIKUM wird beantworten müssen: Letztlich entscheiden nur diese (und ganz sicher nicht er selbst), ob sein künstlerisches Wirken den Rang irgendeiner Wichtigkeit erhält.

Sicher ist aber auch: Obwohl es bei der Bewertung ein Künstlers nach dessen Relevanz zwar stets um die Richtung seiner Fragen geht, bedeutet dies noch lange nicht, dass diese immer leicht verständlich sein müssen - denn auch ein von Bildern getragenes philosophisches Selbstgespräch darf als eine Einladung zu einem (hier herausfordernden) DIALOG verstanden werden: Es liegt nur an uns selbst, ob wir deren Rätsel lösen möchten oder eben nicht.

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Ein Plädoyer für radikale Ehrlichkeit - und gegen die Arschlöcher in der Kunst

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In jedem Bild realisiert sich eine Wahrheit als ein Ringen um ihrer selbst Willen.