Viele Menschen verehren Künstler wie Götter, wofür nicht nur durch die hohen Preise für deren Werke ein Beleg sind, sondern auch das aufopfernde Engagement zahlreicher Sammler und Galerien. Aber auch bei vielen der „normalen“ Kunstinteressenten, u.a. die Besucher von Museen und Ausstellungen, lässt sich ein unerschütterlicher Glaube an dasjenige ausmachen, was wir „Kunst“ nennen - und natürlich liegt da die Frage nahe, ob dies hinsichtlich der künstlerischen Botschaften überhaupt gerechtfertigt ist.
In der Tat können Kunstwerke eine unwiderstehliche Anziehungskraft entwickeln: Wohl jeder hat schon einmal die Erfahrung gemacht, dass man beim Durchschreiten einer Kunstausstellung unerwartet innehält und sich von einer Präsentation gefangen nehmen lässt. Plötzlich meint man da Irgendetwas zu erkennen, das einen zugleich irritiert und merkwürdig bekannt vorkommt - etwa so, als ob mir ein vollkommen Fremder in genau jener Weise zuwinkt, als sei er ein unendlich Vertrauter.
In solchen Augenblicken wird deutlich, dass der Künstler dich an etwas erinnert, was wir immer wieder gerne übersehen (oder aber sehr oft auch einfach vergessen): Daran nämlich, dass vor allem wir selbst es sind, die wir in den Bildern (oder ganz allgemein in der Welt) erblicken - wie sonst ist es zu erklären, dass uns bestimmte Werke nicht einfach gleichgültig lassen? Dank dieser durch die Kunstwerke entstandenen emotionalen Brücken stellen wir natürlich sofort auch eine Verbindung zum Künstler her, der uns - gleich einem “göttlichen” Wesen - zugleich vertraut und dennoch vollkommen fremd vorkommt.
Diese äußerst irritierende und dabei uns immer auch fesselnde Unbestimmtheit - ist dies nicht genau das. was unsere gesamte Existenz ausmacht? Wenn dies tatsächlich so ist, dann haben auch nur jene Artisten unser Vertrauen verdient, die dieses ambivalente Lebensrätsel des “nicht Fassbaren” oder auch “nicht Greifbaren” mit und in ihren Werken möglichst überzeugend zum Ausdruck bringen: Alle Anderen produzierten nur inhaltsleeres Design oder aber verhübschendes Dekor.