Sind Kunst und das Leben dasselbe? Natürlich nicht, denn dies würde ja bedeuten, die Schöpfung selber nachahmen zu können - in etwa so wie bei Mary Shelley´s Roman „Frankenstein“, wo ein künstlich erschaffenes Wesen den Leser das Fürchten lehrt - vor allem dadurch, dass die „Kopie“ des Menschen eben gerade NICHT gelang.
Die Ähnlichkeit mancher Ateliers zu der düsteren Werkstatt, in der Frankensteins Monster das ihn ablehnende Licht der Welt erblickte, ist allerdings unverkennbar. Hier wie dort wird versucht, toten Objekten - ganz gleich, ob in Bildern oder als Bildhauerei - Leben einzuhauchen. Hier wie dort gibt es oft die wahnwitzige Fantasie von einem Werk, das Gott höchstpersönlich Konkurrenz macht und damit den Weltenlauf aus den Angeln hebt.
Aber ganz so verhält es sich dann doch nicht: Im Unterschied zu Frankenstein wissen die allermeisten (aber leider längst nicht alle) Künstler sehr genau, dass sie an das Leben SELBST eben gerade NICHT herankommen. Warum? Weil dies viel zu komplex und immer auch viel zu flüchtig für uns und unser eingeschränktes (da durch uns selber bedingtes) Bewusstsein ist: Das Einzige, was einem Künstler möglich ist, ist die (vielleicht geglückte) Darstellung von Fragmenten, von kleinen Daseinsschnipseln und luziden Momenten. DAS LEBEN ist immer stärker und immer größer als ein Künstler, der eben auch nur (mit Glück) ein Mensch ist - und eben KEIN Gott.
Ob ein Atelier zu einer „Werkstatt des Grauens“ wird, hängt also von der inneren Haltung des Künstlers ab: Je überzeugter diese auftreten, je unangreifbarer diese sich gebärden - als tatsächliche Person und auch in deren Werken -, umso mehr Abstand ist geboten! Ob ein Künstler „unsterblich“ wird, hängt nämlich niemals von ihm selbst, sondern immer nur von unserem Befall ab.