Obwohl die Museen voll von Werken vergangener Epochen sind und dies eigentlich als Zeichen ihrer Belastbarkeit gelten könnte, so fragt man sich dennoch: Wieso haben diese ihre Bedeutung derart verloren, dass sie diesen besonderen Schutzraum überhaupt benötigten (einmal ganz abgesehen von Kriegen und Bilderstürmen)? Und natürlich auch: Warum gibt es derart unterschiedliche Kunstwerke, die ganz offensichtlich immer wieder einem neuen „Zeitgeist“ zum Opfer gefallen sind?
Was hier zu konstatieren ist, beschleunigt sich heutzutage sogar noch: Konnten in früheren Epochen Stile und Inhalte zum Teil über Jahrhunderte hinweg bestehen, so ist die Halbwertszeit heutiger Kunst oft auf wenige Jahrzehnte, manchmal sogar auf nur wenige Jahre geschrumpft - was geht hier eigentlich vor sich? Die mögliche Erklärung, dass ja immerhin die „Klassiker“ für viele Menschen nach wie vor eine klare Orientierung und tiefe Bedeutung besitzen, überzeugt angesichts der zahllosen Konkurrenz an künstlerischen Auffassungen und Menschenbildern nicht wirklich…
Die Antwort auf diese alles erfassende Unbeständigkeit ist in den dynamischen Prozessen des Lebens selbst zu suchen: Ausnahmslos NICHTS ist von Dauer - selbst das Bedürfnis danach nicht. Es ist nämlich die Evolution selbst, die Stillstand nicht zulassen kann, deren Geschöpfe immer nur vorübergehend und flüchtig sind. Städte, Länder, Reiche entstehen und vergehen - und mit ihnen die Menschen, deren Zeichen und Symbole, deren Kunst und Kultur. Dies geht soweit, dass vieles Vergangene überhaupt nicht mehr oder nur noch sehr mühsam verstanden werden kann.
Für ein (integres!) „Kunstmachen“ entsteht daraus die Konsequenz, nicht mehr nach „Allheilmitteln“, der „einzigen Wahrheit“ oder dem „letzten Bild“ zu suchen, sondern sich selbst als evolutionären Bestandteil zu begreifen, der sich ständig neu erfindet. Die sich selbst denunzierende Kunst, ist darum heute die noch einzig mögliche glaubwürdige Kunst.