Über die fast unmenschliche Herausforderung, etwas Neues in die Welt zu setzen.
Eines der größten Herausforderungen ist es, für sich selbst sichtbar zu werden und also auch sichtbar zu machen - sowohl in der Kunst wie auch im Leben selbst. Sichtbarkeit ist hier als Chiffre für eine Attraktion gemeint, die überhaupt erst den inneren und auch den äußeren Dialog möglich macht. Nur, indem ich mir selbst und von anderen ein Feedback erhalte, habe ich die Chance mit meinem Tun - ja, mit meiner gesamten Existenzform - überhaupt legitimiert zu sein.
Für die künstlerische Praxis sind hierbei zwei Bereiche von zentraler Bedeutung, die sich eng aufeinander beziehen sollten, nämlich einerseits das Feld der Ästhetik und andererseits dasjenige der eigenen Haltung (verstanden als Reflex auf die dem Kunstler zugängliche Welt). Ästhetik und Haltung sind innerhalb der Kunst vor allem deshalb keine klar zu trennenden Begriffe, da sie sich einander bedingen: Mein Denken ist es, welches die Form definiert und umgekehrt wird es kein Denkresultat („Kunst“) geben können, der sich ohne die Frage nach der Form darstellen ließe.
Daher gilt es, nicht nur die bewährten Pfade des bereits Gesehenen, Gehörten, Gewussten usw. zu verlassen, sondern dies darüber hinaus auch noch in einer Weise zu tun, wo Form und Inhalt miteinander überzeugend zur Deckung gelangen.
Diesen Schwierigkeiten geht aber immer noch grundlegendere Fragen voraus: Ob - und wenn ja WAS - ich als Differenz zu „der“ Welt, „der“ Gesellschaft, anderen Menschen, den Künsten mitzuteilen habe - denn: Ausnahmslos jede Person wird nur im Widerspruch erkennbar und verständlich. Wichtig zudem: Ob ich die innere Kraft und Konsequenz aufbringen werde können, diese meine immer sehr individuelle Perspektive nachhaltig, d.h. bis zur Formvollendung durchzusetzen - insbesondere auch vor mir selbst und meinen Selbstzweifeln durchzusetzen.
Als Künstler (oder ganz allgemein als Mensch, der etwas vollkommen Neues riskieren möchte) ist man daher eine Art Hasardeur auf einem dünnen Hochseil, das zwischen dem Gestern und dem noch nicht bekannten Morgen gespannt ist. Um auf die andere Seite zu gelangen, braucht man neben sehr viel Offenheit für die inneren Nuancen und Zwischentöne darum immer auch gute - oft schwindelfreie - Nerven. Und immer die Bereitschaft zu einer maximalen kontemplativen Konzentration.